Donnerstag, 26. November 2015

Vergiss mein nicht!


Eternal Sunshine of the Spotless Mind (Vergiss mein nicht!)
Lauflänge: 104 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2004
Regie: Michel Gondry
Drehbuch: Charlie Kaufmann



"Mein Name ist Joel Barish. Und ich bin hier um Clementine Kruczynski löschen zu lassen."

Quelle: Kauf DVD; © Constantin Film AG
Hier handelt es sich wieder um einen romantischen Film, der aber das Gegenteil der standardisierten Liebeskomödien der Gegenwart darstellt. Es gibt keine flachen Witze oder sonstige typische Elemente eines Liebesfilms.

Kaufmann schrieb ein relativ komplexes Konstrukt aus verschiedenen Handlungsebenen und Gondry definierte diese Szenen mit der passenden düsteren Atmosphäre. Ein unkonventioneller Film, der in die intimsten Erinnerungen des Protagonisten eindringt.






Handlung
Der Film beginnt simpel, Joel Barish (Jim Carrey) wacht eines Morgens alleine auf, geht wie gewohnt zur Arbeit. Entscheidet sich aber um, während er auf den Zug wartet. Er fährt mit einem anderen Zug ans Meer. Dort entdeckt er eine junge Frau namens Clementine (Kate Winslet). Sie läuft ihm weitere Male über den Weg, bis sie auf dem Rückweg im Zug ins Gespräch kommen. Sie verbringen Zeit miteinander. Sie möchte bei ihm übernachten.

Das Intro beginnt und von nun an wird der Film in einer großen verschachtelten Rückblende erzählt. Man erfährt, dass Joel und Clementine zwei Jahre ein Paar waren und sie wegen Streitigkeiten auseinander gegangen sind. Joel entdeckt, dass Clementine, durch einen speziellen medizinischen Eingriff, all ihre Erinnerung von Joel hat löschen lassen. Entsetzt sucht er den entsprechenden Arzt Dr. Howard Mierzwiak (Tom Wilkinson) auf und entschließt sich, durch seine Enttäuschung an seine Liebe, ebenfalls seine Erinnerungen an Clementine entfernen zu lassen.

Diese Prozedur wird in seiner Wohnung durch die Angestellten Stan (Mark Ruffalo), Patrick (Elijah Wood) und Mary (Kirsten Dunst) vorgenommen. Joel bekommt davon bewusst nichts mit, da alles im Schlaf stattfindet. Während er träumt, erlebt er und auch der Zuschauer im Laufe der Nacht viele Erinnerungen an Clementine mit. 

Er kann nicht aufwachen und so nicht agieren. Joel entschließt sich die Erinnerungen an Clementine doch zu behalten und versucht sie in andere Erinnerungen zu bringen, zu bewegen, um so die Löschung zu verhindern. Darin sieht er seine einzige eventuelle Möglichkeit Clementine doch noch in seinem Leben zu behalten...


Quelle: Kauf DVD; © Constantin Film AG
"19. November 2003. Schon wieder beim Chinesen an der Ecke gegessen. Gehören wir zu diesen armseligen Paaren, die einem im Restaurant so leid tun? Sind wir die essenden Toten?"


Kritik
Michel Gondry ist mit Hilfe von Charlie Kaufmanns innovativem Drehbuch ein außergewöhnlicher Film gelungen. Er beginnt mit dieser simplen und warmherzigen Kennen-Lern-Geschichte, verwandelt sich im weiteren Verlauf in ein düsteres Gebilde aus Rückblenden und Erinnerungen aus dem Leben von Joel.

Ab dem Zeitpunkt wo die Prozedur beginnen soll und sich Joel ins Bett legt, erleben wir die Szenen aus seinen Erinnerungen mehr und mehr surreal. Die Gedanken werden gelöscht und Joel kann dem nicht entkommen. Die Hintergründe verschwimmen, Bücherregale verlieren ihre Texte und Farben und Personen verlieren ihre Gesichter. Alle Details verschwinden bis auch das letzte Licht erlischt.

Die Löschung verläuft rückwärts und wir bewegen uns in Richtung seiner ersten Begegnung mit Clementine. Ihm bleibt nicht viel Zeit Clementine in seiner Erinnerung zu behalten. So nimmt er sie mit in andere Gedanken wie z.B. in Erinnerungen an seine Kindheit. So kann er die Prozedur unterbrechen und Zeit gewinnen.

Wir erleben seine Gedanken erneut, wie sie zusammen auf dem Eis liegen und in den Himmel starren, wie sie Zeit zusammen verbringen und wie sie sich kennen lernen. Aber auch die letzten Momente mit ihr, als sie sich mehr und mehr auseinanderleben. In diesen Szenen scheinen auch hin und wieder surreale Momente auf, besonders bei den gelöschten Gedanken.

Aber ebenso bei Übergängen von einer Erinnerung zur nächsten, so kann es auch schon mal vorkommen, dass die Beiden im Bett liegen und das Bett aber am Strand steht.

Generell sind viele Szenenübergänge sehr intelligent arrangiert, z.B. wenn Joel aus einer gelöschten Erinnerung entkommen kann und wie von einem Raum in den anderen in die nächste Erinnerung eintritt.


Quelle: Kauf DVD; © Constantin Film AG
Der Film schafft glaubwürdig eine Rahmenhandlung (Der Beginn und der Schlussteil) mit der eigentliche Geschichte zu verbinden. Auch gelingt es den Zuschauer in die Gedankenwelt des Hauptprotagonisten Joel hinein zu lassen. Wir versetzten uns in die Lage von Joel wie er sich selbst durch seine eigenen Erinnerungen fortbewegt.


Man wird sozusagen durch seinen Kopf geführt. Dies gelingt dem Regisseur wunderbar, man erlebt solch eine besondere Geschichte gerade in der heutigen Einfallslosigkeit Hollywoods eher selten.


"Andauernd reden heißt noch lange nicht kommunizieren."


Die Darsteller
Jim Carrey liefert hier vielleicht seine beste Performance seit der Trumen-Show ab. Er spielt den ruhigen und schüchternen Joel, der von seiner Liebe enttäuscht wird, aber nicht allein sein will. Er verzichtet hier auf seine sonst allzu übertriebene Gestik und ihm gelingt hier eine sympathische aber auch seine vielleicht emotionalste Darstellung. Es gibt nur wenige Szenen, in denen er Joel als Kind spielen muss, die etwas albern sind, aber diese dauern nicht sehr lange an.

Kate Winslet spielt die lebensfrohe und impulsive Clementine. Sie überzeugt mit ihrer fröhlichen und spontanen Art. Auch die anderen Darsteller passen sehr gut auf ihre Rollen.


Der Titel
Der Film wurde im deutschen Verleih wieder mit einem Sinn veränderten Titel veröffentlicht. Der auf eine Szene mit Mary bezugnehmende Original-Titel "Eternal Sunshine of a Spotless Mind" wird in Deutschland mit einem banalen "Vergiss mein nicht" verfälscht. Der eigentliche Titel nimmt Bezug auf ein von Mary vorgetragenes Zitat, dass in der dieser warmherzigen Szene schön hineinpasst. Der deutsche Titel nimmt Bezug auf die Handlung.

Der deutsche Verleih ändert leider zu Gunsten des Marketings die Original-Titel vieler Filme ab, um dem deutschen Zuschauer einen einfacheren Bezug zu schaffen. Leider wird eben oft dadurch der angedachte Sinn verfälscht.

"Bitte lassen sie mir diese Erinnerung. Nur diese Eine."


Fazit
Quelle: Kauf DVD; © Constantin Film AG
Der nicht sehr bekannte "Eternal Sunshine of the Spotless Mind" erzählt eine außergewöhnliche Geschichte über die Liebe und die Erinnerung daran. Er regt zum Nachdenken an über die eigenen Gedanken, über liebgewonnene Menschen und erinnerungswürdige Momente.

Zwei wunderbare Schauspieler überzeugen als liebendes und auseinandergelebtes Paar. Eine Empfehlung für alle die mal eine ungewöhnlich vielschichtige Liebesgeschichte schauen möchten und von surrealen Szenen nicht abgeschreckt werden. Kino wie es heute immer seltener wird: Eine außergewöhnliche Geschichte mit einer besonderen und innovativen Inszenierung.


"Wahllose Gedanke zum Valentinstag 2004. Der Feiertag heute wurde von der Glückwunschkartenindustrie erfunden, damit die Leute sich beschissen fühlen."


Bewertung





Autor: Marcel Hisge

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