Children of Men
Lauflänge: 106 Minuten
FSK: ab 16
Produktionsland: UK, USA
Produktionsjahr: 2006
Regie: Alfonso Cuarón
Drehbuch: Alfonso Cuarón, Timothy J. Sexton
"In hundert Jahren wird kein Schwein mehr da sein, um sich das alles hier anzusehen. Wieso machst du weiter?"
"Weißt du wieso, Theo? Weil ich einfach nicht darüber nachdenke."
London in Gewalt und Chaos Quelle: Kauf DVD; © Universal Studios |
Wer es nach dem dritten Harry Potter noch nicht wusste oder glaubte, Cuarón ist ein Profi was stilvolle und innovative Darbietung einer relativ simplen Geschichte angeht.
In "Children of Men" zeigt er all sein Können bezüglich Kameraführung und Szenenbild. In umfangreich ausgestatteten Sets führt er seine Kamera mitten durch all das Chaos und dem Ende der Welt, ohne dass der Zuschauer den Überblick in den Szenen verliert.
Handlung
Im Jahr 2027 ist die Menschheit nicht mehr fähig sich fortzupflanzen. Der jüngste Mensch der Erde wurde im Alter von 18 Jahren getötet. Die Menschen trauern um ihr jüngstes Kind. Die Welt ist am Abgrund. Gewalt, Chaos, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung regieren den Alltag...
England ist der einzige Staat, der sein Land durch eine mächtige Polizeikontrolle in Schach halten kann. Massen von illegalen Einwanderer werden verfolgt und gezwungen in unmenschlichen Ghettos zu leben. Der depressive Angestellte Theo (Clive Owen) soll im Auftrag einer Untergrundorganisation unter Leitung seiner Ex-Frau Julian (Julianne Moore) die schwangere Einwanderin Kee zu einem sicheren Ort bringen. Während seiner Mission gerät die Situation außer Kontrolle und er muss mit Kee flüchten...
Kritik
Der Film bietet einen beängstigten, aber realistischen Ausblick einer möglichen Zukunft, im Ereignisfall der globalen Unfähigkeit sich fortzupflanzen. Was passiert mit der Welt, wenn dies der Fall sein sollte?
Theo inmitten eines Gefechts im Ghetto Quelle: Kauf DVD; © Universal Studios |
Als Theo die Aufgabe annimmt, die illegale Kee in Sicherheit zu bringen, um so der Welt eine neue Hoffnung zu geben, ahnt er nicht was er auf sich nehmen muss um seine Mission zu erfüllen.
Er bekommt Hilfe von seinem guten Freund Jasper (wunderbar komisch und tragisch: Michael Caine), ein klassischer Hippie, der alte Musik aus dem jungen Jahrtausend hört.
Auf Theo´s Flucht gerät er in ein Lager gefangener Einwanderer und er muss mit Kee und dem zuvor geborenen Kind ums Überleben kämpfen und aus dieser gefährlichen Situation, die später in schweren Schusswechsel und Granateinschlägen endet, entfliehen.
Der Zuschauer verfolgt ausschließlich die Sichtweise von Theo. Man verfolgt seine Handlungen und weiß nur das was auch er weiß.
Der einzige größere Kritikpunkt ist, dass man kaum etwas über die Charaktere erfährt. Man wird in die Situation hineingeworfen. Auch die Rahmenhandlung, das nahestehende Aussterben der Menschen, wird als bereits gegebene Situation gezeigt. Es gibt keine Erklärung und keine Hintergrundinformationen über das Dilemma.
Man erhält auch kein direktes Happy End oder eine endgültige Lösung, keine Antwort auf die Frage "Warum?".
Der Zuschauer sieht keine Rückblenden, wie alles anfing und keine Szenen von außenstehenden Personen, wie die Regierung oder dergleichen. Die Geschichte bewegt sich in kleinem Rahmen.
Der Anblick des Babys lässt die Soldaten pausieren Quelle: Kauf DVD; © Universal Studios |
Die einseitige Sicht von Theo, auf seiner Flucht mit Kee, zeigt die verzweifelte Welt und ihre Facetten. Man erhält so einen realistischen Eindruck auf eine mögliche bevorstehende Zukunft.
Das Besondere im Film ist, dass die grauenvolle Situation der Menschen immer im Hintergrund bleibt. Vordergründig erleben wir die Handlung um Theo und Kee, aber die Chaotischen und verzweifelten Umstände der Menschen im Land wird hintergründig aufgezeigt. Man muss sich die Details im Hintergrund in den Szenen anschauen um das ganze Ausmaß zu erblicken. Man bekommt also die Eskalation dieser Umstände nicht expliziert erklärt, man bekommt sie aber in jeder Szene mit, wenn man auch den Hintergrund genau betrachtet.
In dieser Welt, als Kinder nicht mehr existieren und die Menschheit langsam ausstirbt, offenbaren sich viele Details. Spielplätze verrotten, Schulen sind verlassene Orte, die Straßen sind voll mit Müll, da sich darum keiner mehr kümmert. Man legt keinen Wert darauf irgendetwas zu erhalten. Alles verdreckt und geht zu Grunde.
Die Aufnahmelager der illegalen Einwanderer erinnern sehr stark an Konzentrationslager des dritten Reichs. Der Film versucht so hintergründig darauf aufmerksam zu machen, dass die unmenschlichen Taten aus dem 2. Weltkrieg sich auch irgendwann wiederholen könnten.
Aber es gibt auch hier und da einige optimistische Momente. In einer wunderschönen Szene gegen Ende des Films gibt es einen kurzen hoffnungsvollen Moment als alle Soldaten und Terroristen ihre Waffen ruhen lassen und durch den Anblick des Neugeborenen wie gelähmt sind.
Die Schauspieler bieten eine tolle Leistung, besonders sticht hierbei Clive Owen in der Hauptrolle hervor. Daneben überzeugt, wie immer, Michael Caine, und Julianne Moore. In einer Nebenrolle ist Charlie Hunnam (Sons of Anarchy) zu sehen.
Optik und Kamera
Düstere und geradezu farblosen Bilder von verwahrlosten Städten und Ghettos voller Chaos und Unmenschlichkeiten werden von einer nahezu dokumentarischen Kamera festgehalten. In manchen Szenen bietet die Kamera minutenlange Aufnahmen, die ohne sichtbaren Schnitte auskommen, sogenannte Plansequenzen.
Die 6-minütige Plansequenz im Auto Quelle: Kauf DVD; © Universal Studios |
Zumindest sieht man keine offensichtlichen Schnitte. Man ist mittendrin, sieht nach vorne, mal nach hinten. Die Kamera bewegt sich im Auto, zeigt alle Personen und die wichtigen Ereignisse, es passiert ständig etwas.
Eine weitere Szene zeigt gegen Ende wie Theo in einem Gebäude unter starkem Beschuss nach Kee sucht. Mit Kugelhagel wie in einem Kriegsfilm wird eine lebensbedrohliche Hatz das Treppenhaus hinauf und durch das Haus gezeigt, die Kamera ist immer bei Theo und dreht sich passend zu den Geschehnissen.
Diese gekonnten Plansequenzen zeugen von einer gut organisierten und geplanten Produktion. Der Regisseur macht hier alles richtig.
SCHON GEWUSST?
In unserem kleinen Special zeigen wir einen Hinweis auf eine schöne Hommage auf Pink Floyd, die im Film zu sehen ist: Schon gewusst?
Fazit
"Children of Men" bietet eine depressive Aussicht auf eine fiktive, aber realitätsnahe Zukunft und zeigt dies mit düsteren und stilvollen Bildern. Die dokumentarische Kamera bietet einen hohen Realismus. Alfonso Cuarón brilliert mit seiner meisterhaften Inszenierung. Ein Film für Fans von Sci-Fi-Filmen und Zukunftsvisionen oder auch einfach wenn man einen besonderen Thriller sehen möchte.
"Hier aus dem Studio bei Radio Avalon sieht der Nachmittag gut aus. Und jetzt etwas für alle Nostalgiker da draußen. Ein Hammer aus der Vergangenheit, dem Jahr 2003, der wunderbaren Zeit, als die Menschen noch glaubten, sie hätten eine Zukunft."
Bewertung
Autor: Marcel Hisge
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